RAG

Agentic Retrieval Augmented Generation: Die besseren Agents

Agentic Retrieval Augmented Generation (Agentic RAG) ist ein vielversprechender Ansatz in der Welt der künstlichen Intelligenz, der die Stärken von Retrieval-Systemen mit den intelligenten Entscheidungsfähigkeiten von Agenten kombiniert. Dadurch können große Sprachmodelle (LLMs) in Echtzeit auf externe Daten zugreifen und ihre Antworten verbessern. Dies macht diese Systeme flexibler und erlaubt es ihnen, komplexe und dynamische Aufgaben zu bewältigen.

Grundlagen von RAG und Agenten

RAG ist eine Methode, um LLMs zu optimieren, indem ihnen der Zugriff auf Echtzeitdaten ermöglicht wird. Während herkömmliche Modelle lediglich auf ihren Trainingsdaten basieren, die mit der Zeit veralten können, bietet RAG die Möglichkeit, aktuelle Informationen aus externen Quellen wie Datenbanken oder Web-Suchen abzurufen. Das Modell kombiniert diese Daten mit seinem eigenen Wissen und liefert dadurch genauere und nützlichere Antworten. Besonders in Bereichen wie Kundenservice oder Finanzen, wo aktuelle Informationen unverzichtbar sind, erweist sich RAG als äußerst wertvoll.

Agenten sind Systeme, die eigenständig Entscheidungen treffen und Aufgaben ausführen können. Sie bewerten Situationen, entscheiden über die optimale Vorgehensweise und setzen diese um. In der KI werden Agenten zur Verwaltung von Prozessen eingesetzt, wodurch sie flexibel und effizient arbeiten können.

Was ist Agentic RAG?

Wenn RAG und Agenten kombiniert werden, übernehmen die Agenten die Kontrolle über den gesamten Prozess. Sie entscheiden, wie und wann Daten abgerufen werden und wie diese verwendet werden, um die bestmögliche Antwort zu generieren. Dies ermöglicht es dem System, komplexe Anfragen zu bearbeiten und Antworten zu liefern, die sowohl präzise als auch situationsspezifisch sind.

Ein Beispiel aus der Praxis: Internetprobleme

Stellen wir uns vor, ein Chatbot mit Agentic RAG soll ein Problem mit der Internetgeschwindigkeit lösen. Der Nutzer fragt: „Warum ist mein Internet abends langsam?“

  1. Nutzeranfrage: Der Chatbot erhält die Anfrage und aktiviert einen intelligenten Agenten, um die nächsten Schritte festzulegen.
  2. Analyse durch den Agenten: Der Agent erkennt, dass Daten über die Internetnutzung, Netzwerkverkehr und potenzielle Störungen erforderlich sind.
  3. Strategie für Datenabruf: Der Agent entscheidet, welche Quellen abgefragt werden sollen, z. B. über die Kundenhistorie und Netzwerkinformationen des Internetanbieters.
  4. Datenabruf: Die relevanten Informationen werden abgerufen:
    • Beschwerden über langsames Internet in der Vergangenheit.
    • Netzwerkberichte, die eine hohe Auslastung in der Nachbarschaft zeigen.
    • Allgemeine Ursachen für langsame Geschwindigkeiten zu Stoßzeiten.
  5. Antwortgenerierung: Das LLM integriert die Daten und liefert eine Antwort wie: „Ihr Internet wird abends langsamer, da es zu Stoßzeiten in Ihrer Gegend zu starker Netzwerkauslastung kommt. Eine höhere Tarifoption oder die Nutzung außerhalb der Stoßzeiten könnte helfen.“
  6. Folgeaktionen: Der Agent kann weitere Optionen anbieten, z. B. ein Upgrade des Tarifs oder die Buchung eines Technikers.

Eigenschaften von Agentic RAG

Agentic RAG nutzt eine Kombination aus modernen Technologien, um in Echtzeit Informationen basierend auf Nutzeranfragen abzurufen. Dabei analysieren Agenten die Anfrage, um relevante Datenquellen zu identifizieren. Diese können interne Datenbanken, APIs von Drittanbietern oder auch webbasierte Ressourcen umfassen. Der technische Prozess umfasst dabei folgende Schritte: Zunächst analysieren die Agenten die Anfrage semantisch, um die entscheidenden Informationen und den Kontext zu extrahieren. Anschließend verwenden sie spezialisierte Abfragesprachen wie SQL für Datenbanken oder REST-APIs für externe Systeme, um gezielt Daten abzurufen. Die gewonnenen Daten werden über einen Integrationsprozess aufbereitet und in ein einheitliches Format überführt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Informationen effizient und verlässlich mit dem LLM kombiniert werden können, um kontextbewusste und präzise Antworten zu generieren.

Im Gegensatz zu traditionellen RAG-Systemen treffen Agenten in Agentic RAG autonom Entscheidungen über den gesamten Prozess. Dies bedeutet, dass sie auf Grundlage semantischer Analysen der Nutzeranfrage relevante Datenquellen identifizieren und priorisieren. Die Agenten greifen dabei auf vorab definierte Strategien zurück, nutzen Machine-Learning-Modelle zur Kontextbewertung und entscheiden in Echtzeit, welche APIs oder Datenbanken abgefragt werden sollen. Nach dem Abruf der Daten überprüfen die Agenten deren Qualität, beispielsweise durch Konsistenz-Checks oder Cross-Referencing mit anderen Quellen, bevor sie diese zur weiteren Verarbeitung an das LLM weiterleiten. Dieser Prozess erfolgt vollständig autonom, wobei die Agenten ständig aus ihren Entscheidungen lernen und ihre Strategien optimieren, um zukünftig noch effizienter und genauer zu agieren.

Agentic RAG analysiert jede Anfrage nicht nur semantisch, sondern auch im Hinblick auf spezifische Nutzerkontexte wie Zeit, Ort oder die zugrunde liegende Domäne. Dabei wird ein mehrstufiger Prozess eingesetzt: Zuerst bewertet der Agent, welche Elemente der Anfrage entscheidend sind, etwa durch eine Gewichtung von Schlüsselwörtern. Anschließend erstellt er eine Priorisierung der potenziellen Datenquellen. Hierbei werden auch Echtzeitfaktoren, wie die Verfügbarkeit aktueller Daten oder die Vertrauenswürdigkeit der Quellen, berücksichtigt. Die so abgerufenen Daten werden durch Algorithmen vorverarbeitet, um Rauschen oder irrelevante Informationen zu minimieren. Dieser Prozess stellt sicher, dass die finalen Antworten nicht nur auf den Punkt gebracht, sondern auch mit maximaler Relevanz für die spezifische Anfrage versehen sind.

Typen von Agentic RAG

Single-Agent RAG

Ein einzelner Agent verwaltet den gesamten Prozess und agiert dabei als zentraler Entscheidungsträger. Technisch bedeutet dies, dass dieser Agent sowohl die Analyse der Anfrage als auch die Auswahl der Datenquellen übernimmt. Beispielsweise kann der Agent mithilfe eines semantischen Modells die Anfrage in Schlüsselkomponenten zerlegen und diese mit Metadaten aus potenziellen Quellen abgleichen. Anschließend initiiert er gezielt Datenabfragen, etwa über eine SQL-Datenbank oder REST-APIs. Die abgerufenen Informationen werden dann in einem vereinheitlichten Format aufbereitet und an das LLM weitergeleitet. Da ein einziger Agent den gesamten Workflow steuert, eignet sich dieses Modell besonders für Anwendungen mit geringer Komplexität, bei denen klar definierte Anforderungen bestehen, wie etwa die Beantwortung einfacher FAQs oder die Abfrage spezifischer Datenpunkte.

Multi-Agent RAG

Multi-Agent RAG umfasst mehrere spezialisierte Agenten, die parallel arbeiten, um verschiedene Aufgaben des Retrievals und der Generierung zu bewältigen. Jeder Agent übernimmt hierbei spezifische Rollen, wie z. B. das Abrufen von Daten aus bestimmten Quellen, die Vorverarbeitung von Daten oder die Integration der Ergebnisse in das LLM.

Die Arbeitsweise kann in mehrere Schritte unterteilt werden:

  1. Anfrageanalyse: Ein zentraler Agent analysiert die Anfrage und unterteilt sie in Teilaufgaben. Diese werden anschließend an spezialisierte Agenten delegiert.
  2. Quellenidentifikation: Verschiedene Agenten bestimmen, welche Datenquellen für die jeweiligen Teilaufgaben relevant sind.
  3. Datenabruf: Jeder spezialisierte Agent ruft gezielt Informationen ab, etwa über APIs, Datenbanken oder Webscraping-Tools.
  4. Vorverarbeitung: Die Daten werden durch andere Agenten bereinigt, aufbereitet und in ein einheitliches Format gebracht.
  5. Zusammenführung: Die Ergebnisse aller Agenten werden gesammelt, überprüft und dem LLM für die finale Antwortbereitstellung übergeben.

Multi-Agent RAG ist besonders geeignet für komplexe Aufgaben, die eine parallele Bearbeitung erfordern, wie beispielsweise die Verarbeitung großer Datenmengen oder die Integration von Informationen aus unterschiedlichen Domänen.

Hierarchisches Agentic RAG

Im hierarchischen Agentic RAG arbeiten Agenten in einer klar definierten Hierarchie zusammen. Im Gegensatz zum Multi-Agent-Modell, bei dem alle Agenten gleichwertig agieren, gibt es hier eine vertikale Struktur.

  1. Strategische Ebene: Höhere Agenten sind für die Gesamtstrategie verantwortlich. Sie bewerten Anfragen auf einer Metaebene, priorisieren Aufgaben und treffen Entscheidungen darüber, welche Unteragenten eingeschaltet werden.
  2. Operative Ebene: Niedrigere Agenten führen die delegierten Aufgaben aus. Dazu gehört das Abrufen spezifischer Daten, die Vorverarbeitung oder die Optimierung von Teilergebnissen.
  3. Koordination: Die höheren Agenten überwachen die Arbeit der unteren Ebenen, bewerten deren Ergebnisse und integrieren diese in die Gesamtstrategie.

Ein Beispiel hierfür ist die Verarbeitung von Finanzdaten: Ein strategischer Agent könnte entscheiden, makroökonomische Daten zu priorisieren und diese Aufgabe an untergeordnete Agenten delegieren. Diese Agenten könnten dann einzelne Datenpunkte aus verschiedenen Quellen abrufen, aufbereiten und zurückmelden.

Durch diese klare Arbeitsteilung eignet sich hierarchisches Agentic RAG besonders für Szenarien, in denen sowohl strategisches Denken als auch detaillierte operative Umsetzung notwendig sind.

Herausforderungen und Zukunft

Herausforderungen

  • Komplexe Koordination: Mit zunehmender Anzahl von Agenten steigt die Komplexität der Zusammenarbeit. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Agenten effizient kommunizieren und Konflikte bei der Aufgabenverteilung vermeiden. Das erfordert ausgeklügelte Orchestrierungsmechanismen und eine klare Aufgabenpriorisierung. Ohne diese entstehen Engpässe, die zu Verzögerungen und suboptimalen Ergebnissen führen.
  • Skalierbarkeit: Die Aufrechterhaltung der Echtzeit-Performance bei wachsenden Anforderungen stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Mit der zunehmenden Anzahl von Datenquellen und Abfragen wird es schwierig, die Latenzzeiten gering zu halten. Unternehmen müssen in robuste Infrastruktur und Optimierungsalgorithmen investieren, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.
  • Datenqualität: Schlechte Datenquellen können die Systemleistung erheblich beeinträchtigen und das Vertrauen in die Antworten untergraben. Unternehmen müssen strenge Qualitätssicherungsprozesse etablieren, um sicherzustellen, dass nur vertrauenswürdige und relevante Daten in den Entscheidungsprozess einfließen.
  • Transparenz: Entscheidungen der Agenten sind oft schwer nachzuvollziehen, was Debugging und Optimierung erschwert. Unternehmen sollten transparente Protokollierungs- und Auditierungsfunktionen implementieren, die es ermöglichen, die Entscheidungswege der Agenten zu verstehen und bei Bedarf anzupassen. Dies ist besonders wichtig, um regulatorische Anforderungen und interne Compliance-Richtlinien zu erfüllen.

Zukunftsperspektiven

  • Verbesserte Kollaboration: Intelligente Workflows sorgen dafür, dass Agenten effizienter zusammenarbeiten und ihre Aufgaben besser koordinieren können. Für Unternehmen bedeutet dies, dass komplexe Projekte schneller abgeschlossen werden können, da parallele Prozesse reibungslos ineinandergreifen. Ein Beispiel ist die Optimierung von Kundenanfragen in Echtzeit, bei der mehrere Agenten spezifische Daten abrufen und kombinieren.
  • Hybrid-Systeme: Durch die Kombination aus autonom agierenden Agenten und menschlicher Überwachung entsteht eine Balance zwischen Effizienz und Kontrolle. Unternehmen profitieren, da Agenten Routineaufgaben eigenständig erledigen, während Menschen bei komplexeren oder kritischen Entscheidungen eingreifen können. Dies ist besonders wertvoll in Branchen wie der Medizin oder dem Finanzwesen, wo Fehlentscheidungen gravierende Konsequenzen haben können.
  • Lernfähige Agenten: Agenten, die aus vergangenen Interaktionen lernen, verbessern kontinuierlich ihre Entscheidungsfindung und Anpassungsfähigkeit. Für Unternehmen bedeutet dies eine langfristige Effizienzsteigerung, da das System mit der Zeit immer präziser und leistungsfähiger wird. Beispielsweise könnten lernfähige Agenten in der Kundenbetreuung individuelle Vorlieben erkennen und dadurch personalisierte Services anbieten.
  • Ethik und Fairness: Die Entwicklung von Agenten, die ethische Entscheidungen treffen können, ist entscheidend, um Bias und Diskriminierung zu minimieren. Für Unternehmen bringt dies nicht nur regulatorische Sicherheit, sondern stärkt auch das Vertrauen der Kunden.

Fazit

Agentic RAG ist ein kraftvolles Werkzeug, das die Stärken von Retrieval-Systemen und Agenten vereint und eine neue Dimension der künstlichen Intelligenz ermöglicht. Es ermöglicht Unternehmen, in Echtzeit auf relevante Daten zuzugreifen, diese intelligent zu verarbeiten und präzise Entscheidungen zu treffen. Diese Technologie bietet enorme Potenziale in Bereichen wie Kundenservice, Finanzwesen, Gesundheitswesen und darüber hinaus.

Für Unternehmen bedeutet Agentic RAG nicht nur eine Steigerung der Effizienz und Genauigkeit, sondern auch die Möglichkeit, komplexe Aufgaben zu automatisieren und gleichzeitig personalisierte Lösungen anzubieten. Es unterstützt Organisationen dabei, Daten als strategische Ressource zu nutzen. Gleichzeitig erfordert der Einsatz von Agentic RAG eine durchdachte Implementierung, die auf qualitativ hochwertige Datenquellen, transparente Entscheidungsmechanismen und skalierbare Infrastruktur setzt.

Trotz Herausforderungen wie der Sicherstellung von Transparenz, der Bewältigung von Skalierbarkeitsproblemen und der Minimierung von Bias birgt Agentic RAG enormes Potenzial, Unternehmen zu transformieren. Die Zukunft dieser Technologie verspricht innovative und ethische Lösungen, die nicht nur technologische Fortschritte, sondern auch gesellschaftlichen Mehrwert schaffen können.

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Portrait von Frederic Bauerfeind vor einer Glasfront.
Frederic Bauerfeind
Managing Director & Founder